Sonntag, 14. Februar 2016

Aufgelesen

Gauck kein Bürgerrechtler
Die Verantwortlichen der Kirche wurden den Verdacht nicht los, dass hier politischer Leichtsinn Platz greift. Der Staat könnte gereizt werden und andere kirchliche Arbeitsfelder behindern. Ein führender Kirchenmann bat, man möge doch immer daran denken, dass durch öffentliche Äußerungen von Gruppenmitgliedern staatliche Stellen nicht das Gesicht verlieren dürften. Eine spannungsvolle Geschichte: Die Kirchenoberen bremsten, die Aufmüpfigen drängten. Gauck ist nie dadurch aufgefallen, dass er gedrängt hat.
Es entstand eine winzig kleine alternative Bewegung im real existierenden Sozialismus. In den Augen der Stasi gehörten nie mehr als 3000 bis 4000 Menschen dazu. Die DDR hatte 16 Millionen Einwohner. Trotzdem beunruhigte sie die weltliche Obrigkeit. Die Gruppen entwickelten das Netzwerk "Frieden konkret", dessen Vertreter sich einmal im Jahr trafen. Aus dieser Bewegung kamen die Leute, die man heute die Bürgerrechtler nennt. Sie forderten die Demokratisierung des sozialistischen Staates. Ich war von Anfang an dabei. Von Gauck habe ich in dieser Zeit nie etwas gehört.
Süddeutsche Zeitung, 27. Februar 2012
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