Sonntag, 12. September 2010

Bärbel Bohley

12. September 2010
DDR-Bürgerrechtlerin verliert Kampf gegen Lungenkrebs

Die einen schreiben - wie Thilo Sarrazin - in dem Alter ein dummes Buch, die anderen sterben mit 65 an Lungenkrebs: Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist tot. Vor zwei Jahren kehrte sie von einem Hilfseinsatz auf dem Balkan nach Deutschland zurück, begab sich in ärztliche Behandlung und hatte doch Zeit für einen Vortrag in Hamburg. Dazu eingeladen hatte der Hamburger Justizkritiker Rolf Schälike.

„Das hätte ich nicht einmal dem SED-Politbüro zugetraut“, sagte Bärbel Bohley bei dieser Diskussionsveranstaltung. So kommentierte sie die Art und Weise, wie die SPD seinerzeit einen Führungswechsel gestaltet hatte. Die fand nicht nur sie widerlich.

1988 wurde Bärbel Bohley in der DDR verhaftet und abgeschoben, 1989 war sie Initiatorin der illegalen Gründungsveranstaltung des Neuen Forums, 1990 gehörte sie zur Berliner Stadtverordnetenversammlung und saß von 1991 bis 1995 im Abgeordnetenhaus. In Hamburg stellte sie fest: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ Ich meldete leisen Widerspruch an, den ließ sie nicht zu: "Kein Co-Referat, bitte."

Die ehemalige Politikerin machte sich 2008 Sorgen um die Demokratie in Deutschland, einiges erinnere sie an die „letzten Jahre der DDR“: „Das System in der BRD kann implodieren.“ Es müsse Schluss damit sein, dass Parteien „nur von Wahl zu Wahl“ denken, die Folge: „Ganze Gruppen fühlen sich ohnmächtig.“ Dennoch ließ die damals 63-Jährige den Mut nicht ganz sinken: „Ich glaube nach wie vor an den einzelnen Menschen.“

Immer wieder erinnerte sie in ihrem Vortrag an die Wendejahre, damals habe Politik Spaß gemacht, so müsse es wieder sein - und: „Wir sind das Volk war ein guter Satz.“ Ihre Hoffnungen wurden von Bürgerinitiativen genährt, Wieder landete Bärbel Bohley im Jahre 1989. Damals wie heute gelte: „Die Zeit ist reif.“ Wofür? Ihre Antwort: „Für das Ende der verkrusteten Demokratie.“

Seither hat es weitere Krusten gegeben, die gegenwärtige Koalition denkt nicht einmal mehr von Wahl zu Wahl, sondern nur noch von Kabinettssitzung zu Kabinettssitzung, bei der die nächsten Fetzen fliegen. Dennoch sollte man - wie Bärbel Bohley - die Hoffnung nicht verlieren - und sich gelegentlich amüsieren. Wie sie das getan hat, als sie trotz ihrer Krankheit nach ihrem Vortrag blieb, bis abends Markus Kompa, Rechtsanwalt und Zauberer aus Münster, auftrat und so manches Medien-Geheimnis lüftete.

1 Kommentar:

  1. So der Gabriel hat sich mal wieder zu Sarrazin gemeldet. In einem Interview sagte er: „Christian Wulff hat sich völlig zu Unrecht in die Entlassung Sarrazins aus dem Bundesbankvorstand eingeschaltet“ Natürlich frage ich mich, warum hat der Gabriel das nicht vor dem Rücktritt von Sarrazin gesagt. Das ist wieder typisch Politiker. Ich denke, er will nur davon ablenken, dass der Sarrazin nicht freiwillig aus seiner Patei will und der Gabriel damit ein Problem hat. Denn, wenn der Gabriel den Sarrazin aus der Partei wirft, dann arbeitet die SPD fleissig daran, bei der nächsten Bundestagswahl schlechter als die Grünen zu werden. Viel Spass dabei.

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