Samstag, 24. März 2012

Beste Rede

Die Sigmar Gabriel noch nie im Bundestag gehalten hat

"Der Papst war auch schon da." (Marius Müller-Westernhagen) Und wäre vor seiner Ansprache beinahe am Pult im Deutschen Bundestag vorbeigelaufen. Diese Gefahr hat bei Bundespräsident Joachim Gauck am Freitag nicht bestanden. Der fand den Weg, schlug seine Mappe auf und hielt ein Rede, von der SPD-Chef Sigmar Gabriel anschließend so begeistert war, dass er sie umgehend "als die beste, die ich im Bundestag je gehört habe" einstufte. Ob Gabriel dabei seine eigenen mitbewertet hat, ist bislang nicht bekannt geworden.

Bekannt war dagegen bereits, dass Gauck ein exzellenter Redner ist, der nicht - wie von einigen befürchtet - bei Marius Müller-Westernhagens "Freiheit ist das Einzige, was zählt" innehielt. Der Wulff-Nachfolger spannte einen weiten Bogen, unter dem sogar sein Vorgänger Schutz und Anerkennung fand. Fehlte eigentlich nur noch ein von Gott an den Bundestagshimmel gezauberter Regenbogen als Versprechen dafür, dass nun nie wieder ein Bundespräsident vorzeitig aus dem Schloss Bellevue eilt und sagt: "Nach mir die Sintflut."

Eile ist Joachim Gauck auch in seinen Reden fremd. Er hastet nicht von Satz zu Satz, er wählt seine Worte mit Bedacht und hat in seiner Antrittsrede bedacht: Die Mühseligen und Beladenen ebenso wie die Reichen, die nie in den Himmel kommen und deswegen schon Kummer genug haben. Dass er aber auch anders kann, bewies der neue Bundespräsident, als er politischen Wirrköpfen an die Hohlschädel warf, dass ihr Hass Ansporn sei für alle anderen, ab sofort häufiger einmal den Verstand einzuschalten.

Bevor Gauck wieder davonrauschte, rauschte ihm Beifall von allen Fraktionsseiten entgegen. Sogar Gregor Gysi war versöhnlich gestimmt, weil auch seine Wählerinnen und Wähler in der Rede vorgekommen waren. Nur der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler hatte wieder einmal nichts verstanden - oder zumindest das Meiste überhört: "Als Partei der Freiheit freuen wir uns über diesen Bundespräsidenten."

Da dachte er wieder einmal nur an seine Partei. Bald hat die in allen Bundesländern frei, wenn die Parlamente tagen. Die FDP gehört dann zur außerparlamentarischen Opposition, wie seinerzeit die 68er, deren Verdienste Gauck ebenfalls würdigte. Als Langhaarige noch nicht ins Parlament durften, fanden Bundestagssitzungen in Bonn statt, Bonn wurde deshalb "Bundesdorf" genannt.

Nach diesem Freitag sind wir endlich nicht mehr Papst, der sich verläuft, sondern Gauck, der genau weiß, wo es langgeht.





   

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