Sonntag, 12. September 2010

Bärbel Bohley

12. September 2010
DDR-Bürgerrechtlerin verliert Kampf gegen Lungenkrebs

Die einen schreiben - wie Thilo Sarrazin - in dem Alter ein dummes Buch, die anderen sterben mit 65 an Lungenkrebs: Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist tot. Vor zwei Jahren kehrte sie von einem Hilfseinsatz auf dem Balkan nach Deutschland zurück, begab sich in ärztliche Behandlung und hatte doch Zeit für einen Vortrag in Hamburg. Dazu eingeladen hatte der Hamburger Justizkritiker Rolf Schälike.

„Das hätte ich nicht einmal dem SED-Politbüro zugetraut“, sagte Bärbel Bohley bei dieser Diskussionsveranstaltung. So kommentierte sie die Art und Weise, wie die SPD seinerzeit einen Führungswechsel gestaltet hatte. Die fand nicht nur sie widerlich.

1988 wurde Bärbel Bohley in der DDR verhaftet und abgeschoben, 1989 war sie Initiatorin der illegalen Gründungsveranstaltung des Neuen Forums, 1990 gehörte sie zur Berliner Stadtverordnetenversammlung und saß von 1991 bis 1995 im Abgeordnetenhaus. In Hamburg stellte sie fest: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat.“ Ich meldete leisen Widerspruch an, den ließ sie nicht zu: "Kein Co-Referat, bitte."

Die ehemalige Politikerin machte sich 2008 Sorgen um die Demokratie in Deutschland, einiges erinnere sie an die „letzten Jahre der DDR“: „Das System in der BRD kann implodieren.“ Es müsse Schluss damit sein, dass Parteien „nur von Wahl zu Wahl“ denken, die Folge: „Ganze Gruppen fühlen sich ohnmächtig.“ Dennoch ließ die damals 63-Jährige den Mut nicht ganz sinken: „Ich glaube nach wie vor an den einzelnen Menschen.“

Immer wieder erinnerte sie in ihrem Vortrag an die Wendejahre, damals habe Politik Spaß gemacht, so müsse es wieder sein - und: „Wir sind das Volk war ein guter Satz.“ Ihre Hoffnungen wurden von Bürgerinitiativen genährt, Wieder landete Bärbel Bohley im Jahre 1989. Damals wie heute gelte: „Die Zeit ist reif.“ Wofür? Ihre Antwort: „Für das Ende der verkrusteten Demokratie.“

Seither hat es weitere Krusten gegeben, die gegenwärtige Koalition denkt nicht einmal mehr von Wahl zu Wahl, sondern nur noch von Kabinettssitzung zu Kabinettssitzung, bei der die nächsten Fetzen fliegen. Dennoch sollte man - wie Bärbel Bohley - die Hoffnung nicht verlieren - und sich gelegentlich amüsieren. Wie sie das getan hat, als sie trotz ihrer Krankheit nach ihrem Vortrag blieb, bis abends Markus Kompa, Rechtsanwalt und Zauberer aus Münster, auftrat und so manches Medien-Geheimnis lüftete.

Montag, 2. August 2010

Geschnatter

1. Juli 2010
Hoffentlich bald wieder nüchtern

Die Bundesversammlung hat Christian Wulff im dritten Wahlgang zum Bundespräsidenten gewählt. Hätte verhindert werden können, sagen Sozialdemokraten. Die Linke hätte nur im ersten Wahlgang Joachim Gauck wählen müssen und schon wäre der 70-Jährige durch gewesen. Auch Grüne vertreten diese Auffassung.

Bleibt die Hoffnung, dass die irgendwann auch wieder nüchtern werden. Denn wenn die Linke keine eigene Kandidatin aufgestellt und sich gleich für den Kandidaten von SPD und Grünen entschieden hätte, wären Union und FDP zusammengeschweißt worden. Schon im ersten Wahlgang hätte Christian Wulff die absolute Mehrheit bekommen.

Bei drei Kandidaten aber lässt es sich gut vom Koalitionskurs abweichen. Mit einem Kreuz an aus Merkels Sicht falscher Stelle kann man: insgeheime Sympathie für einen Bürgerrechtler signalisieren, der Kanzlerin vor das Schienbein treten oder Wulff zeigen, dass er als Bundespräsident nicht nur Allgemeinplätzchen backen darf. Welche Motive die so genannten "Abweichler" auch immer gehabt haben mögen, sie sind stets auf der sicheren Seite gewesen.

Das lag an den Mehrheitsverhältnissen. Das lag aber auch daran, dass die Linke aus dem Abseits nicht herauskommt oder nicht herauskommen soll. Wollen die irgendwo mitmachen, gelten sie als Schmuddelkinder, mit denen sich jeder Umgang verbietet, wollen sie nicht mitmachen, sind sie in der Demokratie noch nicht angekommen. Dabei ist das auch nur eine ganz gewöhnliche Partei. Die beim dritten Wahlgang in der Bundesversammlung noch gewöhnlicher wurde. Erst zog sie ihre Kandidatin zurück, dann übte sie sich in Stimmenthaltung.

Aus Niedersachsen hörte man dazu, man habe sich der Stimme enthalten, weil man sich hätte entscheiden müssen für "Hitler oder Stalin", für "Pest oder Cholera". Das ist das Schlimme an solchen Dummköpfen: Sie denken über derlei Vergleiche nicht nach.

Nach der Wahl des Bundespräsidenten sollen wir Bürgerinnen und Bürger uns weiter für Politik interessieren. Da sind aber erst einmal die Parteien gefordert. Von denen muss man jetzt erwarten: Union und FDP stellen sofort die Suche nach den Wahlfrauen und Wahlmännern, die nicht für Wulff gestimmt haben, wieder ein, SPD und Grüne akzeptieren das Wahlergebnis ohne weiteres Wenn und Aber. Und was soll die Linke tun?

Wenn ich das wüsste...

Mittwoch, 30. Juni 2010

Gauck-Shop/Die Wahl

29. Juni 2010
Fanartikel für Joachim Gauck/Sogar ein Teddy

"Ich spray´s an jede Wand", hat die Ina-Deter-Band dermaleinst gesungen. Heute heißt die nächste Textzeile: "Einen neuen Bundespräsidenten braucht das Land."

Heinz-Peter Tjaden, Redakteur und Schriftsteller aus Wilhelmshaven, sprayt nichts an Wände, er macht Sprüche auf Tassen, T-Shirts und Regenschirmen. Angeboten werden die Gauck-Fanartikel hier.

Das Schöne an diesem Shop: Die Texte können verändert, die Produkte neu gestaltet werden. Auch im Angebot: ein Teddy.

Der bessere Kandidat

Alle sind beeindruckt

SPD und Grüne haben Joachim Gauck in das Rennen um das Bundespräsidentenamt geschickt - und schon hatte der 70-Jährige seinen ersten beeindruckenden Auftritt.  Sogar die "Welt" ist der Meinung: "Das ist der bessere Kandidat."

Ob er eine Chance hat? Dazu Gauck: "Auch ich kann rechnen." Mathematisch spricht alles für Christian Wulff, bislang noch Ministerpräsident von Niedersachsen. Doch die Bundesversammlung rechnet vielleicht anders.

So stellte er sich der Presse vor

Neu in diesem blog
"Der kleine Prinz" auf einsamer Insel

Montag, 28. Juni 2010

Der kleine Prinz

28. Juni 2010
Lebensweisheiten für einsame Insel

Dafür bekommt Christian Wulff von mir einen Sympathiepunkt: In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" hat der Kandidat von Union und FDP auf die Frage "Welches Buch würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?" geantwortet: "Wenn nur eins erlaubt wäre, dann ´Der kleine Prinz´." Denn: "Dieses Werk von Saint-Exupéry enthält viele Lebensweisheiten, vor allem, mit dem Herzen statt nur mit den Augen zu sehen."

Zu diesem Meisterwerk gibt es auch eine zauberhafte Internetpräsenz.

Donnerstag, 24. Juni 2010

Der falsche Kandidat

24. Juni 2010
Ich denke - also bin ich Gauck...

SPD, Grüne und Facebook-Fans haben Joachim Gauck einen Auftritt verschafft. Den fand die "Welt" eindrucksvoll, "Focus" weniger. Auf  "Spiegel online" wurde aus dem 71-Jährigen inzwischen ein "Opa-Obama".

Die Wahl des Bundespräsidenten ist ein Medienknochen, der von allen Seiten abgenagt wird. Satt werden sie alle. Den Nachrichtenbauch schlagen sich voll: Medien, die meinen, dass sich SPD und Grüne den falschen Kandidaten ausgesucht haben, wenn der ehemalige Pfarrer nicht-sozialdemokratische und nicht-grüne Thesen vertritt, Zeitungen, die vermuten, dass Gauck nie Kandidat dieser beiden Parteien geworden wäre, wenn die eine Mehrheit in der Bundesversammlung hätten, Journalisten, die notieren, dass der Zuspruch für den 71-Jährigen im Internet weiter wächst, sobald Gauck erzählt, dass er noch nie ein Facebook aufgeschlagen hat.

Das alles passt doch gar nicht zusammen, lautet immer wieder das Fazit. Muss es aber? Offenbar nicht. Dieser Kandidat zählt nicht erst die Stimmen, die er gewinnen oder verlieren könnte, bevor er etwas sagt. Und das ist gut so. Kennt man doch kaum noch...

DDR-Besuche I

7. Juni 2010
Ein Hund - aber kein Impfpass

An meiner Pinwand hängt immer noch ein Gebührennachweis mit der Nummer 106392. Aussteller ist der Veterinärhygienische Verkehrsüberwachungsdienst beim Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR. Zwei Westmark habe ich bezahlt. Für ein Kleintier "gemäß Abgabenordnung über die Gebühren für Leistungen des Veterinärwesens im grenzüberschreitenden Verkehr mit Tieren, tierischen Erzeugnissen und Rohstoffen".

Kostenverursacher war "Einstein", ein Terriermischling, der sich bei Autofahrten auf der Rückbank zusammenrollte und keinen Mucks von sich gab. Wir näherten uns gegen 21 Uhr dem Grenzübergang Marienborn, meine Frau machte sich auf die Suche nach unseren Pässen, fand sie, den Impfpasse von "Einstein" fand sie aber nicht. Den hatten wir vergessen.

Umkehren war nicht mehr möglich. Die Zufahrt war eng, rechts gab es ein Fließband für die Ausweise. "Was machen wir nun?" fragte meine Frau, die nicht zum ersten Mal in die DDR fuhr, für mich war es im August 1986 der erste Besuch.

"Leg doch erst einmal unsere Pässe auf das Band. Dann sehen wir weiter. Die werden uns schon nicht den Kopf abreißen."

"Ich habe Angst." Hatte sie immer, wenn sie ihre Tante und ihren Onkel in Dittersdorf besuchte. In der DDR rechnete sie stets mit dem Schlimmsten. Sie malte sich Verhaftungen bei Nacht und Nebel aus, Gefängnisaufenthalte wegen nichtiger Anlässe. Wie jetzt bei einem vergessenen Impfpass.

Die Autoschlange bewegte sich langsam vorwärts, endlich lagen unsere Pässe auf dem Band, das sich schneller bewegte als wir. Ich schaltete das Licht ein.

"Bald ist es so dunkel, dass sie ´Einstein´ auf der Rückbank vielleicht gar nicht sehen", schöpfte meine Frau Hoffnung, die ich sogleich zerstreute: "Denk an die Rückfahrt. Zweimal werden die unseren Hund wohl kaum übersehen."

Nun hatten wir kein Auto mehr vor uns. Meine Frau rutschte auf dem Beifahrersitz ein wenig nach unten. "Einstein" rührte sich nicht. Der Grenzbeamte fragte aus seinem Häuschen: "Haben Sie Geschenke dabei?" Hatten wir. Aber auch einen Hund ohne Impfpass.

Bevor der Grenzbeamte weitere Fragen an uns richten konnte, legte ich das Geständnis eines Vergesslichen ab.

"Dann fahren Sie mal auf den Parkplatz", sagte der Grenzbeamte und griff zum Telefon.

Auf dem Parkplatz stiegen wir aus, "Einstein" sprang auf den Beifahrersitz, dann nach draußen.

"Setz ihn wieder ins Auto", zitterte die Stimme meiner Frau. Doch "Einstein" war bereits bei der Gestalt, die aus der Dunkelheit auftauchte.

"Machen Sie den Hund bitte fest", sagte der Grenzbeamte.

Dann ordnete er nicht etwa unsere Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland an, sondern bat uns um Geduld: "Wir haben einen Tierarzt angerufen. Der wird etwa in einer Stunde da sein. Verlassen Sie bitte den Parkplatz nicht."

Schon verschwand er wieder in der Dunkelheit.

Der Tierarzt war pünktlich, er streichelte kurz "Einstein" und schon stand für ihn fest: "Der Hund ist gesund."

Der Tierarzt drückte mir den Gebührennachweis in die Hand, ich gab ihm zwei Westmark.

"Verlieren Sie die Quittung nicht. Die brauchen Sie, wenn Sie die DDR wieder verlassen", verabschiedete er sich.

DDR-Besuche II

9. Juni 2010
Ein Staat leidet unter Sammelwut

Warten auf einen Tierarzt macht durstig. Also steuere ich nach wenigen Kilometern auf den Straßen des ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaates eine Raststätte an.

"Der Hund bleibt aber im Auto", sagt meine Frau. Ich drehe mich um. "Einstein" schläft. Ein Gebührennachweis ist offenbar ein sanftes Ruhekissen.

Die Eingangstür knarrt ein wenig, an der Theke stehen zwei Volkspolizisten und trinken Bier. An der Wand hängt ein Foto von Erich Honecker.

"Guck mal", sage ich zu meiner Frau, "das muss ein Konfirmationsfoto von Honecker sein. So jung ist der doch gar nicht mehr."

Die Volkspolizisten verschlucken sich vor Lachen an ihrem Bier. Meine Frau zieht mich von der Theke weg. Wieder hat sie Angst. Doch die beiden Volkspolizisten stellen mich nicht zur Rede. Sie gehen.

"Irgendwas ist anders als sonst", sagt meine Frau.

"Könnte an Gorbatschow liegen. Vielleicht sind die inzwischen etwas lockerer."

Doch an Sammelwut leidet die DDR immer noch, erfahren wir in Dittersdorf. Bekommt eine Familie Besuch aus dem Westen, muss der vermerkt werden. Dafür haben die Tante und der Onkel meiner Frau ein Heft, das sie den Behörden vorlegen müssen.

"Je mehr Westbesuch eine Familie bekommt, desto mehr wird sie überwacht", sagt der Onkel meiner Frau, der wie seine Frau noch nie zu einer Wahl in der DDR gegangen ist.

"Die kommen mit der Urne immer zu uns und fordern uns zur Stimmabgabe auf. Wir wählen aber trotzdem nicht." Dafür nimmt die Familie viele Nachteile in Kauf. Die Tochter darf auch deswegen nicht studieren. Da sie auch noch eine Christin ist, für die eine Mitgliedschaft in der FDJ nicht infrage kommt, wird sie irgendwann froh darüber sein müssen, dass sie überhaupt einen Arbeitsplatz bekommt.

DDR-Besuche III

13. Juni 2010
Bei DT 64 einen Preis gewonnen

Einiges ist in der DDR sehr übersichtlich gewesen. Die Speisekarten in Restaurants beispielsweise. Hatte man endlich einen Tisch erobert, bekam man irgendwann auch einen Überblick über die angeblichen festen und flüssigen Angebote, die aber schnell schrumpften, wenn die Bedienung erst angefangen hatte, das nicht Vorhandene aufzuzählen.

Übersichtlich waren auch die Rechnungen, die man anschließend begleichen musste. Die zwangsumgetauschte Währung der DDR auszugeben, war angesichts der niedrigen Preise schon fast ein Kunststück. Deswegen traten wir die Rückreise stets mit einem Koffer voller Bücher an.

In einer Buchhandlung von Karl-Marx-Stadt kaufte ich mir die ersten Krimis aus der Reihe "Delikte, Indizien, Ermittlungen", herausgegeben vom Verlag Das neue Berlin. Auch die waren spottbillig. Sie kosteten DDR 2,- M.

Während in Kurzgeschichten, die in der DDR geschrieben wurden, die Menschen fröhlich zur Arbeit fuhren, fröhlich arbeiteten und fröhlich den Feierabend genossen, schimmerte in den Kriminalromanen hin und wieder Gesellschaftskritik durch.

Nicht gewöhnungsbedürftig waren für uns dagegen die Preise im Intershop. Dort gab es Waren nur gegen Devisen, auf die man in der DDR dringend angewiesen war. Freie Sicht auf den Shop hatte in Karl-Marx-Stadt der Namensgeber dieser Stadt. Seine Büste stand auf der anderen Straßenseite.

"Wenn es regnet", sagte der Onkel meiner Frau, "sagen wir, Karl Marx weint, weil wir in unserem eigenen Staat nicht alles kaufen können."

Dennoch wären wir an einem 1. Mai beinahe mitmarschiert. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Straße forderte uns eine Megaphonstimme auf: "Genossinnen, Genossen, reiht euch ein!" Der Ordner begriff erst nach einigen Minuten, dass er ein Ehepaar aus Hannover vor sich hatte, das mit Verwandten aus der DDR unterwegs war. Also erließ er uns die Teilnahme an der Demonstration.

Kult war in der DDR der Jugendsender DT 64. Erich Honecker allerdings mochte ihn nicht, 1965 sagte er: "Den Erscheinungen der amerikanischen Unmoral und Dekadenz wird nicht offen entgegengetreten. Das gilt besonders für den Bereich der heiteren Muse und der Unterhaltung, für einzelne literarische Arbeiten und leider auch für viele Sendungen im 'DT 64'. [...] Über eine lange Zeit hat 'DT 64' in seinem Musikprogramm einseitig die Beatmusik propagiert."


Diesen Sender hörte ich auch in Hannover. Auf dem Programm stand eines Sonntags eine Quizfrage, die ich auch dieses Mal schnell gelöst hatte. Ich schnappte mir das Telefon und wählte die Nummer von DT 64. Das Unglaubliche geschah, es meldete sich eine weibliche Stimme, die mich nach der Lösung fragte: "Genosse, kennst du die Antwort?"

"Dornröschen ist die Lösung", antwortete ich. Die weibliche Stimme freute sich: "Richtig. Du hast gewonnen. Ich brauche nur noch deine Adresse."

Nun wurde es schwierig.

"Ich wohne in Hannover."

"Hannover in der DDR? Kenne ich gar nicht."

"Nicht Hannover in der DDR. In Niedersachsen."

"Du rufst aus dem Westen an?"

"Ja."

"Dann können wir dir den Preis leider nicht schicken."

"Ich kenne eine Familie in Dittersdorf. Kann der Preis dorthin geschickt werden?"

"Das geht auch nicht. Die haben ja nicht gewonnen, sondern du."

Das sah ich ein und verzichtete auf den Preis.

DDR-Besuche IV

19. Juni 2010
Der überlegene Sozialismus

Der Sozialismus ist dem Kapitalismus stets überlegen gewesen. Das stand in den Zeitungen der DDR, das erfuhr man täglich aus DDR-Radio und DDR-Fernsehen. Kaum war der neue Fünf-Jahres-Plan drei Jahre alt, waren bereits alle Ziele erreicht. Davon haben sich viele aus dem Westen ohne jede Einschränkung überzeugen können?

Von wegen! Wer Verwandte in der DDR besuchen wollte, musste sich von diesen einladen lassen. Der überlegene Sozialismus verlangte also erst einmal Behördengänge, bevor jemand aus der unterlegenen Bundesrepublik Deutschland hereingelassen wurde.

Dafür mussten DDR-Propagandisten eine Erklärung finden. Die lautete: Der Westen ist dekadent und hätte sich bei Reisefreiheit ohne Wenn und Aber in das System der SED gefressen, bis dieses zusammengebrochen wäre.

Kopierte Dekadenz dagegen war erlaubt. Auf jeden schlechten Schlager aus der westdeutschen Plattenindustrie setzte man in der DDR noch einen drauf, und warum junge Leute aus dem Westen Jeans trugen, begriff kein einziger Funktionär. Die DDR antwortete mit einer Ware, die so haltbar war, dass DDR-Jugendliche bei dem Versuch, ihren Klamotten eine persönliche Note zu geben, schier verzweifelten. Im Westen saßen die Mädels erst einmal stundenlang in der Badewanne und stiegen erst wieder heraus, wenn Form und Farbe sich verändert hatten. Im Osten hätten die Mädels schon Säure nehmen müssen, um ein ähnliches Ergebnis zu erzielen.

So blieb die DDR ein Missverständnis. Das verborgen werden sollte hinter einem "antifaschistischen Schutzwall". Doch keine Mauer kann Ideen aufhalten...

DDR-Besuche V

24. Juni 2010
Tränen werden getrocknet

Bruder und Schwester sind in den letzten Kriegstagen getrennt worden. Mit dem großen Treck flüchteten sie vor der Roten Armee, die Kinder verloren erst ihre Eltern, dann verloren sie sich aus den Augen. Er schaffte es bis Kiel, sie bis Dittersdorf. In Deutschland entstanden Besatzungszonen, dann die Bundesrepublik Deutschland und die DDR, die zu feindlichen Lagern gehörten. Der Kalte Krieg war ein Alptraum am Abgrund.

Irgendwann machte sich der Bruder auf die Suche nach der Schwester, das Deutsche Rote Kreuz half dabei. So fanden sie sich wieder. Sie wollte die DDR nicht verlassen. Zwischen ihnen stand eine Mauer, eine Todesgrenze mit Stacheldraht und Schießbefehl. Besuche waren nur von West nach Ost möglich.

In Dittersdorf wuchs ein Mädchen heran, das als junge Frau gern einmal gesehen hätte, wo und wie Tante und Onkel in Kiel wohnen. Bei einer Fahrt durch das Erzgebirge fragte sie mich, ob das irgendwann möglich sei.

"In vier Jahren feiert deine Tante in Kiel einen runden Geburtstag. Du wirst dabei sein", verbreitete ich im Auto Optimismus. Die DDR rauschte draußen an uns vorbei.

"Meinst du wirklich?"

"Was Gorbatschow macht, begreifen eure Funktionäre doch gar nicht. Die sind bald weg. Dann wird Egon Krenz Staatsratsvorsitzender. Dann kommt Schwung in die Sache."

Über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. "Die Leute hier mögen Gorbatschow."

"Weil aus seinem Anzug kein Kalk rieselt?"

Sie lachte - wie vier Jahre später, als sie in Kiel zur Geburtstagsgesellschaft gehörte. Immer wenn meine Frau und ich Dittersdorf wieder verließen, hatte sie geweint. Friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten hatten auch ihre Tränen getrocknet.

Dienstag, 22. Juni 2010

Seicht-langweilig

22. Januar 2010
ntv: Heiner Bremer wortplätschert mit Christian Wulff

Wieder so ein Gespräch. Heiner Bremer plaudert auf ntv mit Christian Wulff über seine Kandidatur als Bundespräsident. Wenn dieser ehemalige FDP-Politiker Studiogäste einlädt, blättert man nebenbei in der Zeitung. Bei dem Wortgeplätscher kann man den Fernsehabend entspannt ausklingen lassen.

Christian Wulff gibt den netten Politiker, Heiner Bremer den netten Gastgeber. Ausgetauscht werden Nettigkeiten über einen niedersächsischen Ministerpräsidenten, der seinen Ministern viele Freiheiten lässt, über Patchworkfamilien, die Probleme haben, aber welche Wulff hat, bleibt offen, über die Gründe für die Kandidatur, die den niedersächsischen Ministerpräsidenten zu der Erkenntnis kommen lassen: "Auch ich werde älter." Kanzler kann er nicht. Nur Bundespräsident. Man muss ihn nur noch wählen. Das Wahlergebnis vom 30. Juni lässt er offen. Das gebietet die Demut vor der Bundesversammlung.

Den Mann kann man überall hinschicken. Alle werden sagen: "Der ist aber nett." Aber: Brauchen wir einen netten Bundespräsidenten? Oder einen mit Profil? Wie dermaleinst Gustav Heinemann? Der hat das höchste Amt bekleidet, als man Sozialdemokraten noch vorwarf, sie seien vaterlandslose Gesellen. Dennoch beantwortete er die Frage, ob er sein Vaterland liebe, so: "Warum? Ich liebe doch schon meine Frau."

Das hat gesessen. Und in diesen Zeiten muss noch mehr sitzen. Wenn alle durcheinander reden, alle vier Wochen ein neues Motto ausgegeben wird und man sich fragt, ob Deutschland ohne Regierung anders wäre als Deutschland mit Regierung, muss da jemand sein, der sagt: "Alle mal herhören. Auch die, die schwer hören."

Joachim Gauck könnte dieser Mann mit der Pauke sein. Christian Wulffs Blockflötenlied "Kein schöner Land in meiner Zeit" wird kein Hit. 

Sonntag, 20. Juni 2010

Merkel ärgern?

20. Juni 2010
Angenehme Begegnung mit Christian Wulff

Erwischt! Joachim Gauck hat es getan. Er traf sich mit Christian Wulff. "Unter vier Augen". Die Begegnung sei "angenehm" gewesen. Erzählt der Kandidat von SPD und Grünen in einem Gespräch mit der "Bild am Sonntag". Wulff sei auf "seine Weise" ein geeigneter Kandidat. Das gelte aber auch für ihn selbst.

Mit dem Gedanken, dass SPD und Grüne mit seiner Nominierung "die Kanzlerin so schön ärgern können", spielt der 70-Jährige nicht lange. Seine Kandidatur mache Sinn, "weil damit die Hoffnung auf mehr Vertrauen in Persnen und Institutionen gestärkt wird".

Wohl auch deshalb will die Mehrheit immer noch Joachim Gauck als Bundespräsidenten. Bei der jüngsten Emnid-Umfrage kommt Gauck auf 39, Wulff auf 37 Prozent. Der Niedersachse hat also aufgeholt.

Illusionen über die Wahlchancen des 70-Jährigen machen sich die Umfrageteilnehmerinnen und Umfrageteilnehmer nicht. 52 Prozent rechnen mit einem Sieg des Kandidaten von Union und FDP.

Samstag, 19. Juni 2010

Nachteile für Sachsen?

19. Juni 2010
Lafontaine erntet Widerspruch

Oskar Lafontaine gibt den Einpeitscher, aber in der Linken gibt es auch Besonnene, die nicht mit einer politischen Keule herumlaufen. Wie in Sachsen-Anhalt Matthias Höhn. Der nimmt Joachim Gauck in Schutz. Wenn Lafontaine behaupte, dass der Kandidat von SPD und Grünen in der DDR Privilegien genossen habe, dann sei das "eine Form der Auseinandersetzung, die man nicht pflegen sollte".

Was Lafontaine wohl nicht von weiteren Attacken abhalten wird.  Rational erklären kann man die nicht. Dem Mann muss irgendeine Laus über die Leber gelaufen  sein. Denn: Bei Anne Will hat Lafontaine noch lobende Worte für Gauck gefunden. Anschließend ist der Saarländer zu neuen Erkenntnissen gekommen?

In Sachsen zittert man derweil der Wahl des Bundespräsidenten entgegen. Befürchtet werden dort Nachteile, falls Christian Wulff nicht gewählt wird.

Freitag, 18. Juni 2010

Sachsen-FDP für Gauck

18. Juni 2010
ND-Tritt vors Schienbein

Als "gelebte Demokratie" hat Christian Wulff die internetten Diskussionen über die Wahl des Bundespräsidenten bezeichnet. Besonders groß ist die Unterstützung für Joachim Gauck.

Der macht weiter Wahl-Boden in der Bundesversammlung gut. Aus Sachsen bekommt er die Stimmen der drei Wahlmänner der FDP. Auch die Freien Wähler aus Bayern neigen zu einer Stimmabgabe für den Kandidaten von SPD und Grünen.

Wie sich die Linke verhalten wird, ist auch dem "Neuen Deutschland" (ND) noch nicht so ganz klar. Joachim Gauck besucht am 29. Juni die Fraktion. Dieser Besuch könnte nach Meinung des Blattes so verlaufen: "...wer weiß, vielleicht disqualifiziert sich der als selbstgerecht und aufbrausend bekannte Ex-Pastor dann endgültig."

Donnerstag, 17. Juni 2010

Unrechtsstaat?

17. Juni 2010
Die Linke und der Bundespräsident

Auch in Österreich notieren Medien: "Luc Jochimsen von der Partei ´Die Linke´ will nur von ´unverzeihlichem Unrecht´ in der DDR sprechen. Den Begriff ´Unrechtsstaat´ lehnt sie als ´juristisch und staatsrechtlich nicht haltbar´ ab."


Und wie ist es mit umgangssprachlich? Weniger gestelzt drückt sich die Kandidatin der "Linken" aus, wenn es um Joachim Gauck geht. Der sei für die Linke ebenso nicht wählbar wie Christian Wulff. Das werde sich auch im dritten Wahlgang nicht ändern.
Im Hauptstadtstudio der ARD wird dagegen darüber spekuliert, ob die Linke dann nicht doch...Schließlich könne man Angela Merkel im dritten Wahlgang "den Garaus" machen. Was für eine Wortwahl! Seit wann richten Journalisten bei einer Wahl des Bundespräsidenten Kanonen auf  die Bundeskanzlerin?

Hofft man bei der "Tagesschau" etwa schon auf Munition, mit der im Sommerloch wild herumgeballert werden kann?

Spannung steigt

17. Juni 2010
Kurt Biedenkopf für freie Wahl

"Joachim Gauck geht inzwischen auf Werbetour, das bürgerliche Lager zittert und verliert weitere Wahlmänner. Es wird immer spannender", stellt heute online die "Bild"-Zeitung fest.

Nervös wird deswegen offenbar auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie soll den ehemaligen CDU-Generalsekretär und Ex-Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf um Stillhalten gebeten haben. Das ist schiefgegangen. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" setzte sich Biedenkopf inzwischen für eine freie Wahl ein. In der Bundesversammlung dürfe es keinen Fraktionszwang geben.

Nur dann habe der neue Bundespräsident Autorität.

Mittwoch, 16. Juni 2010

CDU-Losglück - aber...

16. Juni 2010
Hauen Teile der FDP auf die Pauke? 

In Hamburg ist Christian Wulff das (Los-) Glück hold gewesen. Der CDU wurde ein weiterer Sitz in der Bundesversammlung zugelost. Damit haben Union und FDP einen Vorsprung von 20 Stimmen. Doch eine Stimme ist schon wieder futsch: Der FDP-Landtagsabgeordnete Tino Günther aus Dresden will Joachim Gauck wählen. Meldet die "Rheinische Post".

Außerdem rumort es Medienberichten zufolge in der Sachsen-CDU, die Thüringen-  und die Sachsen-FDP legen sich immer noch nicht fest. Wen wundert es da, dass der Kandidat von SPD und Grünen immer fröhlicher Stimmen zählt?

Hinzu kommt ein Schuss Humor. Die Bezeichnung "Kandidat der Herzen" lehnt der 70-Jährige mit dem Hinweis ab,  so was passe wohl besser für eine hübsche Prinzessin wie Diana. Schließlich sei er selbst schon ein wenig zerknittert und etwas älter.

Noch älter soll Joachim Gauck aussehen, wenn es nach Oskar Lafontaine geht. Nach den jüngsten Attacken scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis der ehemalige Parteichef der Linken dem ehemaligen Pastor Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren und ähnliche Vergehen vorwirft.

Stasi-Begünstigter und Befürworter von Sozialabbau ist der 70-Jährige für den Saarländer bereits - warum also nicht noch eine Schippe drauflegen? Medien sind dankbare Abnehmer für jeden Verbal-Müll. Die drucken in diesen Tagen alles, wenn es um die Wahl des Bundespräsidenten geht.

Die Öffentlichkeit jedoch ist nicht beeindruckt. Die Mehrheit will Joachim Gauck. Zumindest Teile der FDP könnten sich davon beeindrucken lassen, zumal Liberale derzeit nicht viel zu lachen haben. In Umfragen werden sie für die Berliner Koalitionskrise verantwortlich gemacht, bei Neuwahlen müssten sie um ihre parlamentarische Existenz fürchten.

Warum also - wenn man noch mitmusizieren darf - nicht auf die Pauke hauen?

VW-Aufsichtsrat

16. Juni 2010
Christian Wulff legt Mandat nieder

Hannover. Eine Sprecherin der Niedersächsischen Landesregierung erklärt: „Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hat heute gegenüber dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Volkswagen AG Ferdinand Piëch erklärt, sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied unter Beachtung der in der Satzung genannten Monatsfrist niederzulegen. Sollte Wulff am 30. Juni 2010 zum Bundespräsidenten gewählt werden, würde sein Mandat aus verfassungsrechtlichen Gründen sofort enden - also vor Ablauf der Monatsfrist. Denn gemäß Artikel 55 Absatz 2 Grundgesetz darf ein Bundespräsident nicht dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören. Das Landeskabinett wird am 1. Juli einen Vorschlag machen, wer vom Amtsgericht Braunschweig für diesen Sitz bestellt werden soll."

Stasi-Privilegien

16. Juni 2010
Gauck und die Linke

In den Umfragen von "stern" und ARD führt weiter Joachim Gauck, über 40 Prozent der Deutschen würden den 70-Jährigen wählen, Wulff hinkt einige Prozentpunkte hinterher.

Derweil übt Oskar Lafontaine weiter Kritik.

Wörtliches Zitat aus einem Interview mit stern.de: "Dabei wissen die Ostdeutschen, dass der protestantische Pfarrer Gauck durchaus zu jenen gehört hat, die von der Staatssicherheit auch Privilegien erhalten haben." Daraus wolle er dem Kandidaten von SPD und Grünen aber keinen Vorwurf machen.

Gauck reagierte in scharfer Form und sprach von Unterstellungen.

Dienstag, 15. Juni 2010

Wunderschöne Stilblüte

15. Juni 2010
FDP bestreitet Einheit?

Diese "Welt"-Stilblüte ist wirklich wunderschön, obwohl der Sommer noch nicht so ganz auf Temperaturen gekommen ist: "Wulff stellte sich am Nachmittag offiziell in den Koalitionsfraktionen vor. Während die Unionsfraktion die Ansprache des Kandidaten sofort mit großem Beifall quittierte, kam es in der FDP-Fraktion zu einer längeren Debatte über die deutsche Einheit, die vor allem von ostdeutschen Parlamentariern bestritten wurde."

Gysi will Gauck einladen

15. Juni 2010
Zwei Lager bei den Linken

Die Linke ist gespalten. Das Lafontaine-Lager will Joachim Gauck nicht zum Bundespräsidenten wählen. Aus Thüringen kommen andere Töne. Fraktionschef Bodo Ramelow plädiert für eine "veränderte Strategie", falls es in der Bundesversammlung zu einem dritten Wahlgang komme.

Die Bundestagsfraktion der Linken diskutiert heute Nachmittag über einen Vorschlag von Gregor Gysi. Der will den Kandidaten von SPD und Grünen zu einem Gespräch einladen.

Das könnte eine spannende und für beide Seiten lehrreiche Begegnung werden. Joachim Gauck hat bereits klar gemacht, dass er sich für Stimmen der Linken nicht verbiegen lässt: "Ich biete mich an."

Montag, 14. Juni 2010

Oskar Struwwelpeter

14. Juni 2010
Den Kandidaten wählen wir nicht

"Meine Suppe ess ich nicht." Wiederholt der Suppenkaspar im "Struwwelpeter" wie nun Oskar Lafontaine bei jeder Gelegenheit wiederholt, dass die Linke Joachim Gauck nicht zum Bundespräsidenten wählen werde. Im ersten, im zweiten oder dritten Wahlgang.

Der Suppenkaspar ist verhungert. Wie die Linke diese Ankündigung ihres Ex-Chefs in der Bundesversammlung verhungern lassen könnte. Denn auch in dieser Partei gibt es verschiedene Strömungen und nicht alle ergießen sich in ein betoniertes politisches Bett. Das könnte Lafontaine die Suppe versalzen. Die er auch ohne zu viel Salz nicht essen will...

Zensur bei Facebook

14. Juni 2010
Einer in Bloggergemeinde ist gleicher als ich

Die Bloggergemeinde für Joachim Gauck als Bundespräsident wächst bei Facebook. Administrator der Unterstützerseiten ist ein 29-Jähriger aus Hamburg, der ein Buch über "Eliten im Hamsterrad" geschrieben hat und sich als "liberal" bezeichnet.


Manchmal bekommt man von ihm aber nur noch "eine letzte Chance". Klingt nicht sehr großzügig. Ist es auch nicht. Mir aber geschehen. Meine posts sollen gelöscht werden. Hat der 29-Jährige gestern öffentlich angekündigt - und auch schon ansatzweise in die Zensur-Tat umgesetzt.

Wissen muss man: In der Blogger-Gemeinde ist Werbung umstritten. Halten viele für anrüchig. Sogar Werbung für ein Buch über die Wende, das ich geschrieben habe. Über die regt sich eine gewisse Heike auf den Facebook-Seiten des Hamburgers auf: "Sie sollen hier Werbung für Gauck machen." Nicht für mein Buch. Sofort springt ihr jemand bei: "Sehe ich auch so." Und der 29-jährige Administrator kündigt sogleich die Löschung meiner post an.

Was ist geschehen? Unter http://joachimgauck.blogspot.com habe ich ein blog eingerichtet. Wie ich das gestalte, ist wohl meine Sache. Täglich veröffentliche ich nicht nur meine Gedanken über die Wahl des Bundespräsidenten, auch Werbung für besagtes Buch und für Fan-Artikel habe ich dort untergebracht.

Wenn ich nun die Neuigkeiten in meinem blog auf den Facebook-Seiten für Joachim Gauck verlinke, erscheint stets auch das Cover meines Buches. Das kann ich nicht ändern. Hat mir aber Unmut eingebracht.

Mit dem der 29-jährige Administrator wohl nicht rechnen muss. Auch der postet fleißig auf seinen Pro-Gauck-Facebook-Seiten. Klickt man auf seinen Namen, landet man auf weiteren Internet-Seiten des Hamburgers - mit Werbung für sein Buch über "Eliten im Hamsterrad".

Ich habe nichts dagegen. Muss aber auch einsehen: Auch in dieser Bloggergemeinde ist zumindest einer gleicher als ich...

Mit dem Zweiten?

14. Juni 2010
Müller-Hohenstein entweicht verheerender Satz

Deutschland liegt bei Halbzeit gegen Australien vorn, Podolski und dann sogar Klose haben das Tor getroffen, die deutsche Elf kombiniert flüssig, Özil und Müller sind die Besten auf dem Platz beim Traumstart in die Fußball-Weltmeisterschaft - Zeit für ein Studiogespräch. Das führt die ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein mit Oliver Kahn.

Bei solchen Gelegenheiten wird dem Fußballfan eigentlich nur erklärt, was er selbst gesehen hat, doch dieses Mal zucken viele, die sich nicht gerade auf dem Weg zum Kühlschrank oder zur Toilette befinden, zusammen, denn Müller-Hohenstein entweicht ein verheerender Satz: "Das ist für Miro Klose doch ein innerer Reichsparteitag, jetzt mal im Ernst, dass der heute trifft."

Jetzt müsste eigentlich das Studiotelefon klingeln, damit diese ZDF-Moderatorin sofort das Gespräch beendet und den nächsten Flug nach Hause bucht, um Geschichtsunterricht zu nehmen. Würde aber wohl nichts nützen. Denn wer solch eine Formulierung in seinem Gehirn gespeichert hat, sieht auch danach mit dem Zweiten nicht besser.
 
Oliver Kahn hat an diesem Abend Glück, Müller-Hohenstein muss das Gespräch schnell wieder beenden, weil die Spieler schon wieder auf dem Platz sind. Klose wird in der zweiten Halbzeit ausgewechselt. Weder innerlich noch äußerlich hat er gegen den Schiedsrichter, gegen einen Australier oder einen Mitspieler gehetzt - er fällt dem Bundestrainer um den Hals, weil der zu ihm gehalten hat.
 
Diesen Stürmer will man als Fan auch bei den nächsten WM-Spielen der deutschen Mannschaft sehen, Müller-Hohenstein nicht mehr.
 
 

Sonntag, 13. Juni 2010

Mauer in Schlagzeilen

13. Juni 2010
Im Westen und im Osten nichts Neues?

In Schlagzeilen steht die Mauer noch. Wie in dieser: "Im Osten liegt Gauck vorn, im Westen Wulff". Titelt heute die "Bild am Sonntag". Veröffentlicht wird die jüngste Emnid-Umfrage. 34 Prozent sind für Gauck, 32 Prozent für Wulff.

Dann wird Deutschland von den Demoskopen und von der Redaktion geteilt: "Im Osten sind sogar 55 Prozent für Gauck, nur 15 Prozent für Wulff. Im Westen liegt Wulff mit 36 : 29 Prozent vorn."

Macht aber nichts, geht aus dem nächsten Satz hervor: "Gewählt wird der Bundespräsident aber nicht vom Volk, sondern von der Bundesversammlung. Dort haben Union und FDP die Mehrheit."

Denen aus dem Osten wird´s also am 30. Juni 2010 gezeigt? Der Westen richtet´s in der Bundesversammlung?

Samstag, 12. Juni 2010

CDU Niedersachsen wirbt

12. Juni 2010
Video-Chat mit Christian Wulff

Stellen Sie jetzt Ihre Frage an den Kandidaten von CDU, CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten, Ministerpräsident Christian Wulff. Senden Sie dazu einfach eine e-Mail an chat@christianwulff.de oder auf seiner Facebook-Seite unter www.facebook.com/Christian.Wulff.Bundespraesident. Er wird diese höchst persönlich in einem Live-Chat am Montag 14. Juni 2010 ab 13 Uhr unter http://www.christian-wulff.de/ beantworten.

In einem Video-Interview erläutert Ministerpräsident Christian Wulff was ihn am Amt des Bundespräsidenten reizt. Das gesamte Video sehen Sie auf http://www.christianwulff.de/

Aus einer Rund-mail der CDU Niedersachsen

Meine soeben übermittelten Fragen an Christian Wulff

1. Der Rücktritt von Horst Köhler scheint von der CDU einfach nur hingenommen worden zu sein. Täuscht mich dieser Eindruck - oder hat es jemals Rückendeckung für diesen Bundespräsidenten gegeben?


2. Medienberichten zufolge hat Ursula von der Leyen als Favoritin gegolten. Wenn sie das nicht war, warum gab es dann keine klaren Stellungnahmen aus der CDU?

3. Nun treten zwei Kandidaten und eine Kandidatin an. Die größten Sympathien genießt derzeit Joachim Gauck. Warum ist diese hoch angesehene Persönlichkeit nicht auch von der CDU nominiert worden - darüber informiert war die Bundeskanzlerin per SMS von Sigmar Gabriel?

Gauck punktet

12. Juni 2010
Bald nur noch Allgemeinplätzchen?

"Er weiß, dass er keine Chance hat - und tut alles, um sie zu nutzen: Zwei Tage nach Christian Wulff beweist Herausforderer Joachim Gauck im ARD-Talk, dass er der bessere Bundespräsident wäre - und überrascht mit einigen Antworten." Steht heute online in der "Süddeutschen Zeitung". 


Wieder eiert der 70-Jährige nicht herum, er nennt das Unrecht in der DDR beim Namen und antwortet auf die Frage, ob er eitel sei, mit Ja. Keine Frage: Der Mann will ins Schloss Bellevue - zählt aber nicht bei jeder Antwort im Geiste erst einmal nach, wie viele Stimmen er dafür in der Bundesversammlung bekommt.

Anders Christian Wulff. Der ist im Zweifelsfalle für den "Weltfrieden". Der Weltfrieden hat Zukunft - wie Wulff als Bundespräsident, wenn am 30. Juni die Merkel-Rechnung aufgeht. Dann müssen sich die Bundesbürgerinnen und Bundesbürger auf das einstellen, woran sich die Niedersachsen seit Jahren gewöhnt haben.

Sie bekommen einen Bundespräsidenten ohne Profil. Was Redenschreibern die Sache erleichtert. Sie müssen Allgemeinplätzchen nur immer neu verpacken.

Freitag, 11. Juni 2010

FDP-Stimmen für Gauck

11. Juni 2010
Merkel sauer auf Liberale

"Eine klare Position bezieht dagegen der Bremer FDP-Landeschef Oliver Möllenstädt. Er will bei der Wahl des Bundespräsidenten für den von SPD und Grünen benannten Kandidaten Joachim Gauck stimmen." Meldet die "Financial Times".

In der Bundesversammlung wackelt die Wulff-Mehrheit. Angeblich ist deswegen Angela Merkel stinksauer auf die FDP, die sich insbesondere in den so genannten "neuen Bundesländern" einfach nicht auf den Noch-Ministerpräsidenten von Niedersachsen festlegen lassen will.

Nach der klaren Ansage von Oliver Möllenstädt könnte aus dem Plätschern mehr werden. Die Sympathiewelle, von der Joachim Gauck getragen wird, könnte sogar die "Tiger-Ente" von Berlin wegspülen. Die schwimmt eh nur noch in trüben Gewässern gegenseitiger Beschimpfungen.

Sarrazin

11. Juni 2010
Der Schoß ist fruchtbar noch...

Wird Joachim Gauck Bundespräsident? Wird er es nicht? Darüber wird in diesen Tagen eifrig diskutiert. Nicht diskutiert werden sollte darüber: Thilo Sarrazin sollte man endlich ziehen lassen! Aber: Würde den überhaupt jemand nehmen? Der versaut doch jedem Land den durchschnittlichen nationalen Intelligenzquotienten!

"Sarrazin. Deutschland wird immer dümmer." So berichtet die "Bild"-Zeitung in der heutigen Ausgabe über die jüngsten Ausfälle des 65-Jährigen. In Darmstadt soll dieser Mann von der Bundesbank gesagt haben, dass Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der Türkei, aus dem Nahen Osten und aus Afrika "weniger Bildung ins Land bringen als Einwanderer aus anderen Nationen". Weiter gedrückt werde die deutsche Durchschnittsintelligenz wegen der großen Kinderzahl dieser Familien.

Viele reden in diesen Tagen über Joachim Gauck - Volksverhetzer wie Thilo Sarrazin sollte man aber deswegen nicht aus den Augen verlieren. Aus der latenten Gefahr, die solche Zeitgenossen darstellen, könnte eine akute werden...

Donnerstag, 10. Juni 2010

Überall führt Gauck

10. Juni 2010
Eine Linke wie Flegel-Trittin

"Joachim Gauck ist in der Bevölkerung deutlich beliebter als Christian Wulff. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage wünschen sich 42 Prozent Gauck als Bundespräsidenten, Wulff käme auf 32 Prozent. Unter FAZ.NET-Nutzern ist der Abstand noch größer." Erfährt man online aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Dennoch versucht die Linke derzeit alles, um Gauck als Bundespräsidenten zu verhindern. Statt die eigene Kandidatin gestärkt in den ersten Wahlgang zu schicken und dann wieder aus dem Rennen zu nehmen, schaltet Oskar Lafontaine auf Stur.

"´Er spricht von der Vergangenheit immer als Totalitarismus. Er setzt links und rechts gleich und verharmlost damit das Hitler-Regime´“, sagte die Linke-Abgeordnete Katja Kipping am Donnerstag." Erfährt man online aus dem "Focus".

Damit tritt diese Linke in die Fußstapfen von Flegel-Trittin vor dem Rücktritt von Horst Köhler. Hat Katja Kipping, geboren vor 32 Jahren in Dresden, das nötig? Bei Talkshows macht sie doch immer einen sachlichen, gut informierten Eindruck.

Haben Teile der Linken etwa jetzt schon Angst vor der eigenen Courage, vor der Frage, warum mit ihrer Hilfe Christian Wulff Bundespräsident geworden ist und nicht Joachim Gauck?

Fest steht: Einen Bürgerrechtler wie diesen 70-Jährigen der Verharmlosung des NS-Regimes zu bezichtigen, ist eine Unverschämtheit. Man kann nur hoffen, dass Katja Kipping vom "Focus" falsch zitiert wird...

Sozialabbau

10. Juni 2010

10. Juni 2010
Lafontaine: Linke wählt Gauck nicht

Nun geht Oskar Lafontaine auf Joachim Gauck los. Die Linke werde den Kandidaten von SPD und Grünen auch nicht im zweiten oder dritten Wahlgang unterstützen. Begründung: Gauck befürworte Sozialabbau.

Wahr ist: Der 70-Jährige hat Gerhard Schroder für seinen Mut zur Agenda 2010 gelobt. Da kann Widerspruch nicht ausbleiben. Denn auch in der SPD ist diese so genannte Reform bis heute umstritten. Sie hat zur Basta-Politik des Altkanzlers gehört.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Rätsel-Medien

9. Juni 2010
Warum ist Gauck so beliebt?

Nachmittags beugt sich meine Mutter auf der Terrasse über das Kreuzworträtsel in der "Wilhelmshavener Zeitung", den Kugelschreiber in der Hand murmelt sie stets nach wenigen Minuten vor sich hin: "Was die alles wissen wollen. Das kriegt man doch nie raus." Dann legt sie die Zeitung wieder beiseite und freut sich auf den nächsten Tag: "Morgen gibt es die Auflösung."

In diesem Juni rätselt aber nicht nur meine Mutter täglich. Die Medien auch. Die beugen sich allerdings nicht über Kästchen, die senkrecht und waagerecht mit Wörtern gefüllt werden sollen, die beschäftigen sich mit dem Kandidaten von SPD und Grünen bei der Wahl des Bundespräsidenten. Der 70-Jährige gibt ihnen Rätsel auf. Die offenbar fast so unlösbar sind wie für meine Mutter die Kreuzworträtsel in der Lokalzeitung.

Auch in offiziellen Umfragen eilt Joachim Gauck inzwischen Christian Wulff davon. Die Demoskopen stellen fest, was man im Internet schon seit Tagen feststellen kann: Dieser Kandidat fasziniert viele. Warum das so ist, müsste doch herauszubekommen sein, hoffen die Medien, scheitern aber regelmäßig an einer eindeutigen Antwort.

Wie jetzt die "Rheinische Post". Auch die kann nur Vermutungen anstellen, die angereichert werden mit dem Lena-Effekt beim Song-Contest und mit den rhetorischen Fähigkeiten des 70-Jährigen, die zu seiner Ausstrahlung beitragen.

Solche Beiträge wird es bis zur Wahl noch viele geben. Und morgen gibt es die Auflösung?

Dienstag, 8. Juni 2010

Unruhe in Koalition

8. Juni 2010
Nervöse Gurkentruppe und nervöse Wildsau

Die Bundespräsidenten-Wahl und die Nominierung von Joachim Gauck beschäftigen auch die Medien im Ausland. So schreibt die "Wiener Zeitung": "In der deutschen Koalition herrschte am Tag der Regierungsklausur große Unruhe. Dafür sorgten nicht nur die Sparpläne, sondern auch die Präsidentschaftskandidatur des von SPD und Grünen aufgestellten Joachim Gauck. Während sich führende FDP-Politiker auch am Montag beeilten, die Wahl des Regierungskandidaten Christian Wulff als nicht gefährdet darzustellen, signalisierten liberale Landespolitiker Sympathie für Gauck."

Deshalb sei die Wahl von Christian Wulff zumindest in den ersten beiden Wahlgängen nicht sicher. Wohl auch darum nölt man in der CDU immer mehr herum. Da tritt jemand vor die Mikrophone und behauptet, SPD und Grüne hätten Joachim Gauck nicht aufgestellt, wenn sie die Mehrheit in der Bundesversammlung hätten. Der 70-Jährige sei zwar ein "guter Vorschlag", er solle die Koalition aber nur in Schwierigkeiten bringen.

Davon hätten CDU, CSU und FDP allerdings sogar dann genug, wenn Horst Köhler nicht zurückgetreten wäre. Auf diesen Rücktritt reagierte Bundeskanzlerin Angela Merkel genauso zurückhaltend wie auf eine SMS, die sie am vergangenen Mittwoch von SPD-Chef Sigmar Gabriel bekommen haben soll.

Nicht aus der Welt ist zudem das Gerücht, dass Merkel die Bundesarbeitsministerin Ursula von Leyen tagelang an der Nase herumgeführt hat. Auch sonst wird das Koalitionsklima immer schlechter. CSU und FDP werfen sich gerade Nettigkeiten wie "Wildsau" und "Gurkentruppe" um die Ohren. Eigentliches Thema ist die Gesundheit - aber ob so was gesund ist?

Montag, 7. Juni 2010

Wulffs Hintertürchen

7. Juni 2010
Kein Rücktritt vor einer Niederlage

Soeben verlautet aus der niedersächsischen Staatskanzlei per Pressemitteilung: "Hannover. Der Niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff wird erst nach der Wahl durch die Bundesversammlung zurücktreten. Dies erklärte er in Hannover. Wulff sagte in Hannover: ´Vom Amt des Ministerpräsidenten trete ich erst nach der Wahl durch die Bundesversammlung zurück, weil ein vorzeitiger Rücktritt respektlos gegenüber der Bundesversammlung wäre und den Eindruck erwecken würde, man nehme das Wahlergebnis der Bundesversammlung vorweg.´"

So was nennt man Politiker-Deutsch! Warum wäre es respektlos gegenüber der Bundesversammlung, wenn Christian Wulff bereits in diesen Tagen als Regierungschef zurücktreten würde? Sein Terminplan beweist doch nur: Der Mann will sich ein Hintertürchen offen halten.

Heißt: Wird Christian Wulff nicht als Bundespräsident gewählt, bleibt er Ministerpräsident von Niedersachsen. Darum geht es. Nicht um Respektlosigkeit oder Respekt...

"Bild"-Umfrage

7. Juni 2010
Packt Christian Wulff ins Sparpaket!

"Immer mehr Sympathie für Gauck", heißt es heute in den Nachrichten. Riesenvorsprung für den 70-Jährigen. Stellt man bei "Bild" fest.

Deutschlands größte Boulevardzeitung hat im Netz eine Umfrage gestartet. Fast 110 000 Stimmen sind schon abgegeben worden. Der Kandidat von SPD und Grünen kommt auf 73 Prozent.

Und in der "Welt" von heute liest man: "Joachim Gauck sei ´sehr respektabel´, ein ´hervorragender Mann´ und ´ein wirklich großartiger Mensch´. Wer sagte das über den Kandidaten von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten? Es waren der ehemalige Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine, der einstige CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber und FDP-Wirtschaftsexperte Martin Lindner in der Sendung von Anne Will."

Für die Medien und für die Öffentlichkeit wird Christian Wulff immer mehr zu einem Hinterbänkler, der bei der Wahl des Köhler-Nachfolgers auch antritt. Dass der niedersächsische Ministerpräsident von CDU, CSU und FDP nominiert worden ist, wird zur Kenntnis genommen. Mehr nicht.

Die Koalition schnürt gerade ein Sparpaket. Vielleicht sollten sie den Niedersachsen gleich mit reinpacken...

Sonntag, 6. Juni 2010

Lena-Gen?

6. Juni 2010
Berät neuerdings Stefan Raab die SPD und die Grünen?

Gut eine Woche ist´s her: Eine 19-Jährige schwingt sich in Oslo auf die Bühne, mit einem Platz unter den ersten Drei wäre sie zufrieden - sie wird Erste! Lena Meyer-Landrut erobert Musik-Europa, gewinnt den Song-Contest. Vor und nach dem Wettbewerb sprudeln die Sätze nur so aus ihr heraus. Sogar Journalisten, die angeblich sonst "hart gesotten" sind, können sich ihrem Charme nicht entziehen.

Und nun muss man sich doch tatsächlich fragen: Kann ein 70-Jähriger das Lena-Gen haben? Dieser Verdacht liegt bei Joachim Gauck nahe. Wenn der sagt, dass Demokratie anstrengend sei, weil man wählen müsse, fühlt man sich erinnert an Sätze der 19-Jährigen aus Hannover.

Für die sind die Tage in Oslo auch anstrengend gewesen, lieber wäre sie bei ihrer Klasse gewesen, die einen Ausflug machte, aber wo sie war, da fand sie es auch super.  So wäre Joachim Gauck am 30. Juni 2010 ebenfalls eigentlich woanders gewesen, aber an diesem Tag ist er nach Stand der Dinge eben bei der Bundesversammlung - das wird auch super. Wie das Ergebnis auch ausfällt, Joachim Gauck wird die Zeit genießen.

Wie beim Auftauchen von Lena Meyer-Landrut reiben sich erneut viele die Augen. SPD und Grüne schicken Joachim Gauck auf die Kandidatenbühne - und der räumt wie die 19-Jährige überall ab: in den Medien und in der Bevölkerung. Christian Wulff hat nach eigenen Angaben vor seiner Entscheidung für die Kandidatur eine eher schlaflose Nacht verbracht. Es könnten noch viele dazu kommen...

Da sei noch die Frage erlaubt: Ist Stefan Raab neuerdings Berater der SPD und der Grünen?

Petition

6. Juni 2010
Trägt Sympathiewelle für Gauck Wulff zurück nach Hannover?

In den Unionsparteien, auch in der FDP befürchten immer mehr: Wir haben einen Fehler gemacht. Wir hätten mit der SPD über einen gemeinsamen Kandidaten sprechen müssen. Nun sind sie mit Joachim Gauck auf dem falschen Fuß erwischt worden, und Christian Wulff malt sich schon aus, wie das wäre, wenn er am 30. Juni 2010 von der Sympathiewelle für den 70-Jährigen zurückgetragen werden würde nach Hannover.

Zu den Sympathiebekundungen gehört inzwischen auch eine Petition, die bereits von fast 300 Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern unterschrieben worden ist. Mit der wird sich der zuständige Ausschuss zwar nicht befassen (dürfen), aber ein weiteres Zeichen ist gesetzt. Zudem wurde im Netz eine Postkartenaktion für Gauck gestartet. Alle Wahlfrauen und Wahlmänner sollen so viele Karten wir möglich bekommen.

Heute berichtet "Bild am Sonntag" (BamS) über den "Kandidaten Mut". Zu dem Gespräch mit zwei BamS-Journalisten ist Joachim Gauck geradelt. Er schwang sich auf ein altes Damenrad und trat in die Pedale. Zu dem Portrait gehört auch die Frau an seiner Seite. Die ist Redakteurin in Nürnberg. Über sie sagt der 70-Jährige: "...ein ausgesprochen warmherziger und liebenswürdiger Mensch, was beim Berufsstand des Journalisten nicht unbedingt selbstverständlich ist."

Der Mann nimmt wirklich kein Blatt vor den Mund...

Samstag, 5. Juni 2010

Facebook

5. Juni 2010
Wulff führt (noch) vor Gauck

Christian Wulff, Kandidat von CDU, CSU und FDP liegt vorn: 322 Anhänger. Joachim Gauck, Kandidat von SPD und Grünen, kommt auf 228 Anhänger. Das ist keine Prognose für den 30. Juni 2010. Das ist das bisherige Ergebnis bei Facebook. Für beide wird dort bis zur Wahl des Bundespräsidenten Werbung gemacht.

Hinter uns liegen turbulente Tage. Horst Köhler tritt als Bundespräsident zurück. Mit sofortiger Wirkung. Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben. In den Medienhimmel schießt die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Dort strahlt die 51-Jährige zwei Tage. Dann verblasst ihr Name wieder. Nun strahlt Christian Wulff.

Doch der bekommt von SPD und Grünen mit Joachim Gauck einen Gegenkandidaten, der nur eins zu genießen scheint: Anerkennung. Sogar Christian Wulff würde den 70-Jährigen gern zu einem Plausch bei einer Tasse Kaffee einladen. Die Tage bis zur Wahl könnten also freundlich werden. Allerdings zicken die Linken herum, die Joachim Gauck für "rückwärts gewandt" halten. Weil der sich kritisch mit der DDR auseinandersetzt?

Hin- und hergerissen ist die FDP. Wählt sie Wulff, wählt sie Gauck? Jede Stimme für den 70-Jährige wäre ein Tritt vor das Schienbein der CSU. Da juckt so mancher liberale Fuß.



Auch Christian Wulff weiß: Die Wahl ist nicht entschieden trotz komfortabler Mehrheit von CDU, CSU und FDP in der Bundesversammlung.