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Montag, 18. November 2013

Auf ein Wort

Christian Wulff kämpft vor Gericht um den Rest seiner Ehre. Die Öffentlichkeit hat ihn längst verurteilt. Warum bekommt Wulff von ihr Häme und Hoeneß mildernde Umstände? Gibt es keine verbindlichen Maßstäbe mehr für moralische Vorbilder? Gäste bei Frank Plasberg:
  • Wolfgang Kubicki (FDP, Fraktionschef in Schleswig-Holstein)
  • Petra Bahr (Ev. Pfarrerin, Kulturbeauftragte des Rates der EKD)
  • Tom Junkersdorf (Chefredakteur des People-Magazins "Closer")
  • Dirk Roßmann (Gründer und Geschäftsführer der Drogeriemarktkette "Rossmann")
  • Hans Leyendecker (Leiter Investigativ-Ressort "Süddeutsche Zeitung", Buchautor "Die große Gier")

Zu dieser Ankündigung von "Hart aber fair" heute Abend fällt mir eigentlich nur noch dies ein: Ich kann es nicht mehr hören. Aber ich muss es mir auch nicht ansehen. Für den Wulff-Part wäre die Verwendung von Konserven aus dem ARD-Archiv wesentlich preiswerter als schon wieder Kubicki, Roßmann und Leyendecker im Studio. Die haben doch schon vor und nach dem Rücktritt von Wulff alles gesagt. Kubicki wird wieder darauf hinzuweisen, dass die Justiz den Fall zu hoch hängt und Leyendecker kann erneut sagen, dass sich der derzeit Angeklagte lächerlich gemacht hat. 

Auch eine blöde Frage kann diese Sendung nicht spannend machen. Für wen sind Wulff und Hoeneß denn "moralische Vorbilder"? Wulff faselt im Landgericht von Hannover etwas von Ehre, Schutz der Familie und trägt dabei das Bundesverdienstkreuz. Das kann sich nicht einmal mehr ein Satiriker ausdenken. Wenn Wulff dann auch noch behauptet, er habe sich immer korrekt verhalten, hat er seinen Drohanruf beim "Bild"-Chefredakteur wohl vergessen. Mit dieser Dummheit hat er seine Familie den Medien-Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Die schreckten vor nichts mehr zurück. Diekmann gab den feinen Herrn und fragte Wulff öffentlich, ob er den Wortlaut des Drohanrufes veröffentlichen dürfe, nach der Ablehnung wurde der Text an Leyendecker weitergeleitet. Investigativ war das keinesfalls, denn da waren die Medien schon bei den teuren Klamotten der Wulff-Gattin und bei Kinderspielzeug. Wer als öffentliche Person seine Familie schützen will, der macht sie erstens nicht bei jeder Gelegenheit öffentlich und wenn er es denn schon getan hat, dann fragt er sich zweimal, wie er auf eine Andeutung in der "Bild"-Zeitung reagiert. 

Der Landgerichts-Prozess wird sich über Monate hinziehen, Wulff wird kein Fettnäpfchen auslassen. Dass sich Kubicki ein schnelles Verfahren vor dem Amtsgericht gewünscht hätte, beweist, dass er ein guter Anwalt ist, der aber gar keine Zeit mehr für seine Mandanten hat, weil er alle drei Tage in irgendeinem Studio sitzen muss. Darauf sollte er endlich verzichten. Wulff wird so oder so frei gesprochen. Er wird nur noch einmal als warnendes Beispiel vorgeführt. 

Der FC Bayern München führt derweil die Öffentlichkeit vor. Das machen die unglaublich geschickt. Immer wieder stellt Uli Hoeneß die Vertrauensfrage und immer wird sie mit "Mach weiter" beantwortet. Beim letzten Mal ist Hoeneß deswegen sogar in Tränen ausgebrochen, womit er in den Augen seiner Fans bewiesen hat, wie wichtig ihm der Verein ist. Was sogar stimmen dürfte. Ansonsten hat er Pech gehabt, weil er nicht so raffiniert war wie andere Steuerbetrüger. Aber auch Uli Hoeneß ist für mich nie ein "moralisches Vorbild" gewesen. Anerkennenswert ist allerdings, wie dieser Mann immer wieder für Vereine in die Bresche gesprungen ist, um sie vor dem Untergang zu bewahren. Sogar in Celle war er mit seiner Mannschaft, um denen etwas Geld in die Kasse zu schaufeln. 

Warum der Ruf von Hoeneß nicht so beschädigt werden kann wie der von Wulff, ist eine spannende, aber keine moralische Frage. Vielleicht liegt es daran, dass Wulff eine Fehlbesetzung war, Uli Hoeneß aber nicht. Der Nachfolger von Wulff ist ebenfalls eine Fehlbesetzung - und was wäre der Nachfolger von Hoeneß? Hätte der die Qualität des neuen Bundespräsidenten, würden die Bayern schon bald in der Regionalliga spielen.  

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