Donnerstag, 24. Juni 2010

DDR-Besuche IV

19. Juni 2010
Der überlegene Sozialismus

Der Sozialismus ist dem Kapitalismus stets überlegen gewesen. Das stand in den Zeitungen der DDR, das erfuhr man täglich aus DDR-Radio und DDR-Fernsehen. Kaum war der neue Fünf-Jahres-Plan drei Jahre alt, waren bereits alle Ziele erreicht. Davon haben sich viele aus dem Westen ohne jede Einschränkung überzeugen können?

Von wegen! Wer Verwandte in der DDR besuchen wollte, musste sich von diesen einladen lassen. Der überlegene Sozialismus verlangte also erst einmal Behördengänge, bevor jemand aus der unterlegenen Bundesrepublik Deutschland hereingelassen wurde.

Dafür mussten DDR-Propagandisten eine Erklärung finden. Die lautete: Der Westen ist dekadent und hätte sich bei Reisefreiheit ohne Wenn und Aber in das System der SED gefressen, bis dieses zusammengebrochen wäre.

Kopierte Dekadenz dagegen war erlaubt. Auf jeden schlechten Schlager aus der westdeutschen Plattenindustrie setzte man in der DDR noch einen drauf, und warum junge Leute aus dem Westen Jeans trugen, begriff kein einziger Funktionär. Die DDR antwortete mit einer Ware, die so haltbar war, dass DDR-Jugendliche bei dem Versuch, ihren Klamotten eine persönliche Note zu geben, schier verzweifelten. Im Westen saßen die Mädels erst einmal stundenlang in der Badewanne und stiegen erst wieder heraus, wenn Form und Farbe sich verändert hatten. Im Osten hätten die Mädels schon Säure nehmen müssen, um ein ähnliches Ergebnis zu erzielen.

So blieb die DDR ein Missverständnis. Das verborgen werden sollte hinter einem "antifaschistischen Schutzwall". Doch keine Mauer kann Ideen aufhalten...

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